Der zweite Blick

Der Tag begann mit der Suche nach einer Bar, die einerseits über eine Außenbestuhlung verfügt und andererseits von der Sonne heimgesucht wird. Zu jeder Tageszeit sind dies in Palermo unterschiedliche Orte. In den Hauptstraßen stehen die Häuser hoch, auf den Märkten werden die frischen Waren mit Planen und Schirmen vor der Sonne geschützt. Gegen 10 Uhr empfiehlt sich jenseits der Via Roma auf der Piazza Rivoluzione eine kleine Bar, wo ich ungestört Heimarbeiten verrichten und mich gleichzeitig sonnen konnte. Allerdings machte sich der Verkehr unangenehm bemerkbar, man könnte ironischerweise sagen, dass der Verkehr ruhig wäre, wenn sich nicht immer Fußgänger oder falsch parkende Autos ihm in den Weg stellten. Da im Prinzip ständig ein Auto links oder rechts die Warnblinker aktiviert oder irgendwer ein völlig absurdes Wendemanöver vollzieht und die Fußgänger gezwungen sind, die Straße zu nutzen, ist das Resultat: Die Hupe, das Hupen an sich.

Bei der Unternehmung, einen zweiten Blick auf den vermeintlichen Fiat Cinquecento zu werfen, traf ich Giuseppe, der mir sagte, ja (der Wagen stand wieder an seinem Platz, war vorher in der Garage, um dort noch ein- bis viermal geschliffen zu werden), das ist ein Cinquecento. Während wir so sprachen, fragte ich ihn, was denn das eigentlich für ein Lärm sei, der aus der Garage kam. Er reagierte etwas empört und führte mich in die Konfektfabrik Cillari, ich war mal wieder beeindruckt, hatte plötzlich eine Handvoll Bonbons in den Händen, knipste ein wenig herum und begab mich in die Garage nebenan, wo man mir sagte, dass wenn ich ein Foto machte, das Geld kostete. Ich sagte: Ich interessiere mich für den Cinquecento! Ach, Sie lieben historische Autos? Ja, aber ich habe weder Geld und sowieso nur einen kolumbianischen Führerschein, der nichts nutzt! Er faselte was von Drogen und ich drückte ihm einen Bonscher in die Hand: Cocaina? Wir lachten inniglich. Aber ja, das ist ein Cinquecento, sagte er noch, als ich mich aufmachte, ein Fläschchen Wasser zu besorgen: Zucker spülen.

Am Mittag, Schlag zwölf, schwang ich mich auf den Rücken meiner Graziella, um Beweisfotos der Erklimmung des Monte Pellegrino zu schießen. Dafür nutzte ich meine Kleinbildkamera, die größere Fotos machte. Ich erklomm also ein zweites Mal das palermitanische Blockland, wobei es sich eher um einen Block als um ein Land handelt, und schwitzte ordentlich. Wenn mein Tachometer von meinem Vorbesitzer korrekt kalibriert wurde, war die Maximalgeschwindigkeit achtundvierzig Km/h, bergab versteht sich, gefühlt allerdings eher sechzig bis siebzig. Als Fischkopf fehlt mir allerdings die Erfahrung, um dies richtig abzuschätzen. Ich werde es prüfen!

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