Kultur versus Natur

Ballarò ist ein Ort der Kultur. Wenn der Urheber dieser Aussage ein wenig ironisch spricht, so liegt das daran: Kultur ist zunächst ein Begriff, der sich dem der Natur entgegenstellt. Alles was in sich und für sich Natur ist, fällt also unter den Begriff Natur, natürlich, alles andere ist demnach natürlich Kultur. Schließlich ist der Ursprung dieses recht vagen Begriffs die Sprache der Römer: cultivare: pflegen. Man kann sich diesen noch immer vagen Begriff gut am Beispiel Siziliens vor Augen führen (siehe unten). Statt eine Region, eine Insel unberührt sich selber zu überlassen, kultiviert der Römer lieber Getreide. Er pflegt seine Kornkammer, muss vorher aber eine kleine feine Rasur vornehmen. Da, wo Bäume stehen, verstehen es wohl nur Naturvölker, sich eine kleine Nische zu suchen, um die Gottheit der Natur, Mutter Erde, ja nicht in Wallung zu bringen. Die Römer haben sich stattdessen kurzerhand eine Gottheit für den Ackerbau entworfen, so sind sie auf der sicheren Seite. Minerva ist nicht nur Schutzherrin für den Ackerbau, sondern auch Schutzherrin für die Künste, die Wissenschaft, das Handwerk und ja auch für den strategischen Krieg. Minerva ist damit auch eine Schutzheilige der Kulturwissenschaftler. Sie zupfen der Minerva permanent am Rock und nerven sie mit banalen, grundsätzlichen Fragen. Manchmal ist das spannend. Zurück zur Kultur: diesem Konzept gegenüber befindet sich ein ebenso vager Begriff: kurz gefaßt spreche ich von einer so genannten Hochkultur. Unter Hochkultur wird im Allgemeinen verstanden, ins Theater, die Oper, Lichtspielhaus oder Fotoausstellung zu gehen. Auch in diesem Sinne ist Ballarò Kultur. Ballarò ist damit gleichzusetzen. Ballarò ist die Reinkultur, auch wenn niemand im Ballarò ins Theater oder sonstwo hingeht, warum auch, sie haben ja die Straße, den Platz, den Markt; das ist das Theater!

Neben diesen beiden Konzepten der Kultur gibt es noch jenes der Kultiviertheit, das aber ist ein anderes Thema. Ab in die Natur, Graziella wartet schon, hinein in den Wald, hinab den Hügel, vor die Kirche von 1150 nach unserer Zeitrechnung und immer schön lächeln. Mit besten Grüßen aus Caltagirone!

 

 

 

 

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