Kakophonie? Naaa, ah geh!

Der noch immer nicht entwirrte Reisehalbleiter denkt nach. Ein sehr charmanter Franzose erwiderte mir bezüglich meines Forschungsfeldes, ob dieses nicht eher kakophon denn polyphon sei. Lachen erlaubt. Hier eine kurze Abwägung der Verhältnisse.

Karim ist ein Mensch, der, wie er sagt, bei seinem Spaziergang einer kleinen Gruppe von Tauben ausweicht, um sie nicht beim Aufpicken irgendwelchen Unrats zu stören. Er sitzt nahezu täglich in der Bar Messina, hilft aus und ist präsent. Sobald es zu Problemen kommt – Gockel trifft auf Gockel – schreitet er ein und obwohl er nichts mit diesen Menschen zu tun hat, schmeißt er sich dazwischen und schlichtet die Kampfhähne, beeindruckend. Er sagt von sich, dass er irgendwann den falschen Weg gewählt hat, aber nicht die cattiva strada, nicht die böse Straße, sondern die schlechte, die Armut. Vom Geiste her ist er unglaublich reich. Er legt zwar Verhaltensregeln an den Tag, die dem ungläubigen Thomas nahe kommen, aber er ist immer in der Lage eine geistreiche Diskussion zu führen. Zum Beispiel erwiderte er auf die Frage, ob Nino vielleicht Rassist sei: No, non è un razzista, è un cretino! Nino ist also kein Rassist, sondern ein Schwachkopf, selbstredend schließt das eine das andere nicht aus, oder besser bedingt das eine das andere. Allora Karim è un bravo ragazzo!

Edmond, dem zweiundsiebzigjährigem Ghanaer, ging es heute nicht gut. Er hat die Nacht gebrochen, nichts gegessen und überhaupt. Der Wohlerzogene ging also in den nächsten Alimentari und besorgte ihm das deutsche Gegenmittel: Salzstangen gab es nicht also TUC plus eine ungekühlte Coca Cola. Ob es ihm geholfen hat, non si sa, er war am Nachmittag nicht mehr zu sehen. Wollen wir mal hoffen, dass das Kinderrezept geholfen hat. Edmond, auch Ofa, Onkel, genannt ist ein herzensguter Mensch. Er sitzt nahezu den ganzen Tag an seinem Platz und liest Zeitung oder Bibelauszüge, raucht eine selbstgedrehte Samson oder trinkt gemäßigt einen leichten Rotwein. Selbst nicht viel jüngere Italiener, also Sizilianer fragen ihn, ob der Stuhl neben ihm frei sei, ob sie sich setzen könnten, prego!

Ofa, der von nahezu allen Ghanaern so genannt wird, auch wenn er sicher nicht so viele Neffen oder Nichten haben kann, ist eine Art Häuptling oder auch weiser Mann. Er duldet es nicht, wenn ihn irgendwer dumm von der Seite anspricht, You ask me papers???!!!! Frag mich nicht nach Blättchen, um Dir einen reinzuziehen. Frag mich nicht nach Geld, für mehr Alkohol, Du bist ja eh nur besoffen, trink weniger. Er weist die Menschen um sich herum daraufhin, wer zuerst zu grüßen sei, die Frau. Er instruiert seinen italienischen Neffen, seiner Freundin einen Kuss zu geben. Er ist der weise Mann, eine Respektsperson nicht nur für die Migranten. Er verkörpert Edelmut, auch wenn das kitschig klingt.

Heute hat der Dreher erstmals einer Frau in der Bar Messina eine Samson gereicht. Ohne Filter? Tela faccio io! Oh, die schmeckt ja wie mit! Das Geheimnis ist der frische Tabak. Sie war glücklich, ich war glücklich. Es gibt doch tatsächlich Frauen in der Bar Messina, neben der ungebrochenen Wirtin Maria versteht sich, die das Lokal zähmen. Positive Aspekte immer wieder und es ward Licht.

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