Neapolis – detenuti e caffè

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Fahrt mit der Fähre ist die langsame und damit tatsächliche Lösung von einem Ort. Die faszinierende Stadt Palermo liegt dem Fährpassagier im Rücken, ein Projekt ist abgeschlossen. Die Stadt verbeugt sich ein letztes Mal vor dem Monte Pellegrino. Letizia Battaglia sagt: “Ich mag Palermo nicht. Sicher, Palermo hat seine Faszination, es bleibt aber alles beim Alten, nichts verändert sich. Neapel? Ich mag Neapel, diese Stadt erneuert sich ständig.”

Auf der Fähre befinden sich keine Touristen, zero, naja, uno. Bei einem Schluck Nero D’Avola und einem guten Stück Ricotta al forno, komme ich mit einer Gruppe von neapolitanischen Frauen ins Gespräch. Eine behauptet lachend, Deutsche zu sein und verweist auf ihr Wasserstoffblondes Haar, korrigiert sich aber recht schnell und erklärt sich für verrückt. Hypothese über die Unterschiede zwischen Neapel und Palermo: In Palermo greifen sich die Männer häufig in den Schritt, in Neapel sowieso, aber auch die Frauen machen mit und greifen sich permanent an die Brust, kontinuierlich. Repräsentativität: zwei von vier!

Während die Gruppe von vier Frauen und einem Jungen permanent mit irgendwem telefoniert, so Art Telefonscherze treibt und dabei in tosendes Gelächter ausbricht, zeigt der Deutsche ein Dauergrinsen, ob der Lebendigkeit dieser Menschen. “Was heißt denn schön auf Deutsch?” Später sagt sie: “Ich bin Schulz” und bringt damit vieles auf den Punkt. Die Konversation ist extrem komisch, sie versucht einen Angestellten der Fährgesellschaft zu überzeugen, mich in einer Kabine übernachten zu lassen. Die Schiffsbar ist schließlcih nur mäßig attratkiv. “Ach”, sagt sie “die kann man heute gar nicht mehr schmieren.”

Später erklärt Madama Verrückt: “Wir sind heute morgen mit Fähre nach Palermo gefahren, waren den Tag bei unseren Männern in Agrigento und fahren heute mit der Fähre nach Neapel zurück, unsere Männer sind im Knast, detenuti.” Ach!? Ich mache eine paar Fotos von denen, die arbeiten gehen, um den Männern im Knast Geld für Zigaretten zu geben. “Aber nicht auf facebook stellen! Das wäre unseren Männern gegenüber unhöflich. Aber das Foto “Italia 1″, das wollen wir (Italia 1 ist ein Berlusconi-Fernsehsender und streut immer wieder kreischendes, Daumen-nach-oben-haltendes Volk ein, um die Zuschauer bei Laune zu halten). Das Foto mit diesen Neapolitanerinnen – Frau Wasserstoffblond-Schulz, sehr kräfig, nebenbei gesagt – ist aber tatsächlich originell.

Früher hatten Italiener zwei Handies, eins für diesen, eins für jenen Anbieter. Heute hat der Italiener, in jedem Fall der Neapolitaner, ein Handy und ein Smartphone oder auch Gesichtsphone, denn damit machen sie nichts anderes als Facebook, eine Sucht.

Neapel am Vormittag: Ich rühre bedächtig meinen Kaffee und schmelze dahin, beim Anblick dieser feinen Crema. Ach, wie schön ist das Rühren.

 

 

 

 

 

 

 

 

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